Zukunft der Heil- und Hilfsmittelerbringer

Mit seiner 10. Veranstaltung im Format „Fritz im Dialog“ durfte Fritz Güntzler am 13. Juni 2016 im Sanitätshaus o.r.t. in Göttingen zu Gast sein. Wie schon im vergangenen Sommer beim „Pflegegipfel“ stand wieder ein Thema aus dem Bereich der Gesundheitspolitik im Focus. Schwerpunkt war dieses Mal der Bereich der Heil- und Hilfsmittelerbringer. Gerade die Physiotherapeuten haben aufgrund von schlechter Bezahlung und starker Arbeitsbelastung mit einem großen Fachkräftemangel zu kämpfen.

„Wir würden unseren Mitarbeitern gerne mehr zahlen, das können wir aber nicht“, so Ninja Braaß, Physiotherapeutin, Dozentin für die Berliner Fortbildungsgemeinschaft für Brügger-Therapie und Inhaberin des Centrums für Physiotherapie Göttingen. Immer wieder gebe es ausgebildete Physios, die nach wenigen Arbeitsjahren den Beruf wechselten. Der Abend verlief dank des fachkundigen Podiums und Publikums in einer konstruktiven Diskussion. Als weitere Experten auf dem Podium waren neben Braaß, Dr. Roy Kühne, MdB, Mitglied im Gesundheitsausschuss, dortiger Berichterstatter für Heil- und Hilfsmittel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Sport- und Physiotherapeut sowie Inhaber eines Gesundheitszentrums, Armin Asselmeyer, Orthopädie-Techniker-Meister und Geschäftsführer der Sanitätshaus o.r.t. GmbH & Co. KG und Dr. Thomas Fischer, Bezirksvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Göttingen und praktizierender Allgemeinarzt, Phlebologe und Notfallmediziner.

Ob insgesamt zu wenig Geld im Gesundheitssystem stecke, darüber war sich das Podium nicht einig. Güntzler: „Eine Höherstufung des Krankenkassenbeitrages darf nicht die Lösung sein“. Sein Bundestagskollege Kühne stellte dar, dass im System genug Geld vorhanden sei, nur eine Umverteilung müsse vorgenommen werden. Einsparmöglichkeiten könnten auch dadurch generiert werden, wenn bei Patienten ein Bewusstsein für die Kosten der medizinischen Dienste etabliert werden würde. „In meine Praxis kommen Menschen mit Kopfschmerzen und Schnupfen. Die wissen nicht, wie sie sich alleine behandeln und sehen darin auch keine Notwendigkeit“, so Hausarzt Fischer und plädiert so indirekt für eine Offenlegung der Kosten auch den Patienten gegenüber. Alle Branchen im Gesundheitswesen litten darunter, zu wenig Zeit für die Patienten zu haben. Diskutiert wurde daher auch, ob man die Budgetierung im Gesundheitswesen nicht insgesamt abschaffen sollte. Weitere Forderungen der Teilnehmer waren die Blankoverordnung oder  – noch weiter gedacht, aber politisch zurzeit nicht durchsetzbar – der Direktzugang.  In weiteren Punkten waren sich alle einig: die Kommunikation zwischen  allen Gesundheitsberufen müsse unbedingt verbessert werden. Oft wüssten die Ärzte über die Arbeit der Heilmittelerbringer nicht Bescheid. „Für Gespräche unter den Behandelnden ist leider oftmals keine Zeit und es ist auch leider gar nicht abrechenbar“, so Fischer. Gefühlte Hierarchien müssten abgebaut werden. Eine Akademisierung des Berufs der Physiotherapeuten könnte hierbei helfen, brachte Roy Kühne vor und wurde von Seiten des Publikums darin unterstützt.  Forderungen von Armin Asselmeyer als Hilfsmittelerbringer waren, das Verzeichnis der Hilfsmittel aufzuräumen und die Einführung einer Servicepauschale. Neuerungen im Hilfsmittelbereich hätten dazu geführt, dass bei Ausschreibungen niedrige Pauschalangebote von Anbietern gewännen, die ihren Sitz nicht vor Ort hätten und daher den Patienten bei Nachfragen nicht unterstützen können.

Fazit des Abends: Um Fachkräfte im Bereich der Gesundheitsbereiche zu halten und auszubilden, muss die Bezahlung verbessert, die Kommunikation zwischen den Gesundheitsberufen gestärkt und der Gesundheitsetat vergrößert oder umverteilt werden –wenn dies nicht geschieht, steuert Deutschland auf weitere große Probleme im Gesundheitsbereich zu.

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